100 Jahre Weinbauverband Siebengebirge
1899 - 1999
Am 20. Februar 1899 wurde der Beschluss gefasst, einen Weinbauverein im Siebengebirge zu gründen. Die eigentliche Gründung
erfolgte dann am 5. März 1899 in Königswinter zur Selbsthilfeeinrichtung der Winzer. Vorsitzender wurde Otto
Rings aus Königswinter. Aufgaben des Vereins waren die Suche nach Unterstützung für die notleidenden Rotweinwinzer sowie
die umfassende fachliche Beratung und Fortbildung der Mitglieder.
1904 hatte der "Weinbauverein für das Siebengebirge“ bereits 125 Mitglieder. 1909 trat der Verein dem Preußischen Weinbauverein bei. 1911 war ein Jahr mit Befall von Heu- und Sauerwurm-Raupen. Schulklassen sammelten diese Schädlinge und erhielten dafür eine Belohnung der Stadt Königswinter. Insgesamt sammelten sie rund 60.000 Raupen. Ebenfalls 1911 trat Otto Rings als Vorsitzender zurück, er wurde Ehrenvorsitzender. Sein Nachfolger wurde Bürgermeister Brenig aus Bad Honnef. Ab 1920 fand in Ober- und Niederdollendorf die Begehung der Weinberge statt. Die Kommission legte Lesebeginn fest. Acht Wochen vor Beginn der Lese wurden die Weinberge geschlossen. Der "Traubenhüter“ überwachte diese Aktion. 1922 gründete Leo Tendler in Oberdollendorf eine Weinbrennerei für die Verwendung überschüssiger Mengen. Tendler wurde 1924 zum Schriftführer im Weinbauverband gewählt. Im Siebengebirge wurden die ersten 50 Reben der neuen Sorte Müller-Thurgau im Jahr 1927 gepflanzt. Ein Jahr später wurde die Tradition des Johannestages am 27. Dezember mit Segnung der Weine wiederbelebt. 1929 wurde der inzwischen in Weinbauverband umbenannte Verein in das Vereinsregister eingetragen. Ebenfalls 1929 gründete Leo Tendler den Winzerverein Oberdollendorf. Die Bürgermeister Richard Nücker aus Oberkassel und Leo Tendler aus Oberdollendorf bekamen 1929 nach persönlichen Verhandlungen in Berlin Mittel aus dem Arbeitslosenfonds zugesagt. Sie verschafften damit zahlreichen Arbeitslosen durch den Bau von Winzerwegen Arbeit und Brot. Außerdem konnten mit 28.000 Mark öffentlicher Hilfe im gleichen Jahr im Siebengebirge 268 ar Rebfläche neu angelegt werden. Ferner wurden für den Wegebau 26.000 Mark Zuschuss bereitgestellt. 1939 gab es in Oberdollendorf 89 Winzerbetriebe (überwiegend Kleinbetriebe) mit 21 Hektar, in Königswinter 18 Betriebe mit ebenfalls 21 Hektar und in Niederdollendorf elf Betriebe mit zehn Hektar. Von der Rebfläche im Siebengebirge nahm 1939 die Rebsorte Riesling 45,8 Prozent ein. Die Sorte Kleinberger wurde mit 19,6 Prozent angebaut, Portugieser mit 7, Spätburgunder mit 6,4 und andere Sorten mit 1,5 Prozent. Nach dem Krieg, im Jahr 1946, wurde der Weinbaugauverband Siebengebirge in Oberdollendorf wiedergegründet. 60 Mitglieder fanden sich ein. Im gleichen Jahr genehmigte die englische Militärbehörde den Verband. Auch das Patronatsfest wurde 1948 wieder gefeiert. 1949 fand zum ersten Male eine Weinprämierung durch die Landwirtschaftskammer Rheinland statt. 1952 wurde die neue Fähre in Niederdollendorf eingeweiht. Der Vorstand des Weinbauverbandes kritisierte die Fährgesellschaft: Zur Einweihung gab es keinen Siebengebirgswein. Die Hektarzahl angebauter Weinbergsflächen nahm in jenen Jahren immer mehr ab. Von 64 Hektar sank die Anbaufläche auf 50 Hektar im Jahr 1954. Zu 46 Prozent wurde immer noch Riesling angebaut, gefolgt von Müller-Thurgau mit 22 und Silvaner mit 14 Prozent. 1954 wurde der Weinbaugauverband in "Weinbauverband Siebengebirge“ umbenannt. Am 3. Oktober 1954 wurde die Pfropfrebenanlage in Niederdollendorf eröffnet. Zum Patronatsfest wurde eine interessante Statistik veröffentlicht. Danach kostete der Anbau für einen Liter Wein in Deutschland 90 Pfennig, umgerechnet in Frankreich 40 und in Spanien 20 Pfennig. Der deutsche Verbrauch lag jährlich bei vier Liter pro Kopf, in Frankreich dagegen bei 130 Liter. 1956 hatten Winterfröste mit mehr als 20 Grad minus in den Weinbergen beträchtliche Schäden angerichtet. Während 1963 in Königswinter noch sechs Winzerbetriebe mit 620 ar bestanden, gibt es jetzt nur einen Betrieb, aber mit 847 ar. In Oberdollendorf gab es 1963 noch 29 Betriebe. Heute existiert hier ebenfalls nur noch ein Betrieb. Die Fläche schrumpfte von 1451 ar auf 773 ar. Bei der Bundesweinprämierung in Mainz im Jahr 1957 erzielte das Weingut Homfeld (Gut Sülz) für einen 1953er Spätburgunder einen Goldenen Preis. Derselbe Wein hatte bei der Prämierung in Bonn zuvor eine Goldene Prämie bekommen. Josef Blöser senior aus Oberdollendorf wurde 1958 in den Beirat der Landwirtschaftskammer Rheinland bestellt. Peter Limbach aus Oberdollendorf und Paul Brand aus Ittenbach wurden 1958 für 40jährige und Peter Honnef aus Oberdollendorf für 25jährige Tätigkeit im Kellereibetrieb der Firma Mülhens geehrt. Das Jahr 1959 brachte durch wochenlangen Sonnenschein Spitzenweine hervor. 1962 besuchte der damalige Landwirtschaftsminister Gustav Niemann das Weinbaugebiet in Oberdollendorf. Der Weinbauverband Siebengebirge trat 1962 der Kreisbauernschaft Siegburg bei. Wegen des ständigen Rückgangs der Rebflächen wurde die Rebschule 1966 wieder aufgelöst. 1967 löste sich auch der Winzerverein Oberdollendorf auf. 1971 wird Diplomvolkswirt Adolf Pieper aus dem Betrieb Henseler Mitglied des Vorstandes des Weinbauverbandes. Der vieljährige, verdienstvolle Schrift- und Geschäftsführer des Weinbauverbandes legte 1971 sein Amt nieder. Nachfolger als Geschäftsführer wurde Josef Blöser junior aus Oberdollendorf. Josef Blöser senior verstarb am 15. Dezember 1971. 1972 beginnt auf Betreiben des NRW-Landwirtschaftsministers Dr. Dieter Deneke die Weinbergsflurbereinigung im Siebengebirge. Ziel ist die Erhaltung des Weinbaus als bestimmendes Element der Landschaft, die Ordnung der Flächen und der Wasserführung, die Erschließung für Spaziergänger und der Landschaftsschutz gegen die weitere Zersiedelung der Hänge. 1973 sank die Zahl der Verbandsmitglieder auf 13. 1985 gibt es in Teillagen des Weinbaugebietes beträchtliche Ausfälle durch Frost bis zu minus 30 Grad. 1998 eröffnet Josef Blöser, der seit 1979 Vorsitzender des Weinbauverbandes Siebengebirge ist, ein Ladenlokal in der Bachstraße in Oberdollendorf und der Betrieb Pieper baut am Domstein einen modernen Weinkeller. |
siehe auch unseren Artikel Über den Weinanbau in Niederdollendorf seit dem Jahr 2000 |