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Die Pflichten der Sendschöffen
zu Niederdollendorf

vom 11. Januar 1710
Der Dekan der Christianität Siegburg ernennt kraft kurfürstlicher Verordnung und der von ihm verliehenen Gewalt
den Pastor zu Niederdollendorf zum Senddechant von dessen Pfarrei und setzt zugleich 3 Sendschöffen ein.

Als Befugnisse dieser Sendschöffen  werden aufgeführt:
  1. Sie sollen die Übertreter der geistlichen Sachen bei ihrem Senddekan anbringen und wenn der Send alljährlich auf den letzten Pfingsttag oder gleich danach gehalten wird, sollen sie zu gebührlicher Strafe angehalten werden.
     
  2. Die Eltern und Herrschaften der der Christenlehre fernbleibenden Kinder und Dienstboten sollen mit ½  Pfund Wachs bestraft werden.
     
  3. Am meisten sollen sie auf ärgerlichen Lebenswandel achten,
     
  4. sodann auf Ordnung beim Gottesdienst und bei Prozessionen.
     
  5. Die Jugend soll zum Besuch des Gottesdienstes angehalten werden.
     
  6. Sie sollen während Predigt und Amt in Wirtshäusern und an verdächtigen Orten nachsehen; wer nicht folgen will, soll der weltlichen Obrigkeit angezeigt werden.
     
  7. Brautleute sollen sich 8-10 Tage vor der Kopulation vom Pfarrer in den Glaubenslehren animieren lassen.
     
  8. Sie sollen besonders darauf achten, dass kein Kartenspiel und Ähnliches, zumal während des Gottesdienstes getrieben wird., Strafmässige sind ad notam zu nehmen und in dem Sendgeding zu verurteilen.
     
  9. Sie sollen darauf sehen, dass an Sonn- und Feiertagen keine knechtliche Arbeit verrichtet und
     
  10. auf hohe Festtage keine Schiffahrten angesetzt werden.
     
  11. Die skandalösen Hühnerjagden auf den Hochzeiten werden unter höchster Strafe verboten.
     
  12. Gemäß kurfürstlicher Verordnung von 1708 Jan. 4 darf auf Hochzeiten nicht gespielt werden, es dürfen nicht mehr als 25-30 Personen daran teilnehmen und bis 8 oder 9 Uhr sollen sie beendigt sein.
     
  13. An Sonntagen soll man weder Kraut noch Gras, noch Laub holen, und Ausgelassenheiten auf Pfingsten sollen unterlassen werden.
     
  14. Bei Totenwachen soll die Beteiligung der Jugend verboten sein; nur die nächsten 2-4 Nachbarn sollten bei dem Toten wachen.
Quelle: Albert Michael Koeninger, Geschichte der Sendgerichte in Deutschland, S. 69, Savigny-Stiftung, 2009, Verlag: Bibliobazar
Anmerkung zum Begriff “ Sendgericht”

Das Sendgericht, auch Send genannt, war ein neben dem weltlichen Gericht bestehendes geistliches Gericht, dessen Ursprung in die ersten christlichen Jahrhunderte zurückreicht. Die Herzöge von Berg schützten das Sendgericht und bestanden auf seiner regelmäßigen Abhaltung. Das Sendgericht war in erster Linie ein Rüge- und Sittengericht und verfolgte Vergehen, die auch Gegenstand eines geistlichen Prozesses sein konnten: u. a. Ketzerei, Ehebruch, Unkeuschheit, Wucher, Zank und dergleichen. Das Gericht konnte materielle Strafen sowie Körper- und Gefängnisstrafen verhängen.

Quelle: Wikipedia 22.09.2010 - http://de.wikipedia.org/wiki/Herzogtum_Berg

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